1.2.3 Untertitel: Audiodeskription oder Textalternative: Wenn sehen nicht möglich ist

Was ist das Ziel dieses Kriteriums?

Ein Video ohne Ton ist schwer verständlich – aber ein Video ohne Bild kann für manche Menschen schlicht unmöglich sein. Für blinde oder sehbehinderte Nutzer:innen sind viele visuelle Informationen nicht zugänglich, wenn sie nicht beschrieben oder alternativ vermittelt werden.

Erfolgskriterium 1.2.3 der WCAG fordert daher: Wenn ein Video mit Ton abgespielt wird, soll es auch in Worten erklärbar sein – entweder direkt als Audiodeskription oder alternativ als ausführlicher Text.

Was fordert das Erfolgskriterium genau?

Bei vorab aufgezeichneten, synchronisierten Medien (also typischen Videos mit Bild und Ton) muss eine von zwei barrierefreien Alternativen bereitgestellt werden:

 

1. Audiodeskription:

Das ist ein zusätzlich gesprochener Kommentar, der wichtige visuelle Informationen beschreibt – z. B. was im Bild passiert, welche Gesten oder Ausdrücke Personen zeigen oder welche Umgebung sichtbar ist.

  • Diese Beschreibung läuft in den Pausen zwischen Dialogen und ergänzt, was im Ton fehlt.
  • Besonders geeignet, wenn die Handlung auch ohne viele Worte funktioniert (z. B. in Schulungs-, Erklär- oder Doku-Videos).

 

2. Medienalternative in Textform:

Eine ausführliche schriftliche Beschreibung des kompletten Video-Inhalts – vergleichbar mit einem Drehbuch. Diese enthält:

  • Alle Dialoge und nicht gesprochene Geräusche
  • Beschreibungen von Szenen, Handlungen, Ausdrücken, Umgebungen
  • Die Reihenfolge der Abläufe – wie im Video
  • Eventuelle Interaktionen, z. B. „Drücken Sie jetzt die grüne Taste“

Wichtig: Die Textalternative ist unabhängig vom Ton – sie darf also ausführlicher sein als eine Audiodeskription und muss nicht in Pausen passen.

Ausnahme: Wenn der komplette visuelle Inhalt bereits durch den Ton erklärt wird, ist keine zusätzliche Beschreibung nötig.

Warum ist das wichtig für Barrierefreiheit?

Stell dir vor, du hörst ein Video, in dem jemand „Wie Sie sehen, wird die Kurve plötzlich steil“ sagt – aber du siehst nichts. Oder jemand sagt „Das ist spannend“ – und du hast keinen Kontext, was überhaupt passiert.

 

Audiodeskriptionen und Textalternativen sorgen dafür, dass:

  • Blinde oder sehbehinderte Menschen den gleichen Zugang zu Informationen haben wie sehende Nutzer:innen.
  • Alle visuellen Inhalte auch auditiv oder textlich erlebbar werden.
  • Komplexe Szenen verständlich werden – z. B. bei Schulungen, Präsentationen, oder Videotutorials.
  • Inhalte über mehrere Sinneskanäle erlebbar sind – hilfreich auch für Menschen mit Lern- oder Sprachbarrieren.

 

Und: Sie fördern Inklusion durch Gleichwertigkeit – nicht als Sonderlösung, sondern als selbstverständlicher Teil von Medieninhalten.

So setzt du das Kriterium erfolgreich um

Welcher Weg – Audiodeskription oder Textalternative – der richtige ist, hängt vom Format und Einsatzzweck ab. Hier ein Überblick, wie du beides umsetzen kannst:

 

Audiodeskription:

  • Nutze Pausen zwischen Dialogen, um kurz und präzise wichtige visuelle Infos zu vermitteln.
  • Verwende ein neutrales, beschreibendes Sprachmuster („Sie zeigt auf den Bildschirm“ statt „Man sieht…“).
  • Tools wie YouDescribe oder Video-Editoren mit separaten Tonspuren helfen bei der Integration.
  • Für komplexe Videos: Plane von Anfang an Platz für Pausen ein – damit genug Raum für Beschreibungen bleibt.

 

Textalternative:

  • Erstelle ein Drehbuch-ähnliches Dokument, das die Handlung, Szenenwechsel, Gesten, Ausdrücke und Geräusche beschreibt.
  • Ergänze Sprechernamen und visuelle Kontexte (z. B. [Der Sprecher zeigt auf ein Diagramm mit steigender Linie]).
  • Stelle den Text direkt beim Video zur Verfügung – z. B. als verlinkte Datei oder eingebetteter HTML-Abschnitt.
  • Achte auf logischen Aufbau und klare Struktur – wie in einem Hörspielmanuskript.

 

Allgemeiner Tipp:

Kombiniere nach Möglichkeit beide Varianten: So entsteht maximale Barrierefreiheit – und du erfüllst gleich auch höhere WCAG-Stufen (z. B. 1.2.5 auf AA-Niveau).

Warum dieses Erfolgskriterium für Unternehmen relevant ist

Audiodeskriptionen und Textalternativen wirken auf den ersten Blick aufwendig – aber sie zahlen sich vielfach aus. Für Inklusion, Reichweite, Image und sogar den Umsatz.

 

1. Du erreichst mehr Menschen

Blinde und sehbehinderte Personen, aber auch Menschen mit kognitiven Einschränkungen oder Leseschwäche profitieren. Du öffnest Inhalte für Zielgruppen, die sonst ausgeschlossen wären.

 

2. Du verbesserst die Nutzererfahrung

Audiodeskriptionen sind nicht nur ein Hilfsmittel – sie helfen auch Menschen in stressigen, ablenkenden oder mobilen Situationen, den Überblick zu behalten.

 

3. Du stärkst dein Markenprofil

Wer inklusiv denkt und handelt, zeigt Haltung – und das wird positiv wahrgenommen. Besonders in Bildung, öffentlichem Sektor oder HR ein starkes Signal.

 

Und nicht zuletzt: Rechtssicherheit und Fördermöglichkeiten. Viele öffentliche Projekte fordern digitale Barrierefreiheit bereits verpflichtend – wer vorbereitet ist, hat klare Vorteile bei Ausschreibungen und Förderanträgen.

Das Erfolgskriterium im Wortlaut der W3

Success Criterion 1.2.3 Audio Description or Media Alternative (Prerecorded)

 

An alternative for time-based media or audio description of the prerecorded video content is provided for synchronized media, except when the media is a media alternative for text and is clearly labeled as such.

 

Link zum konkreten Erfolgskriterium